Kaffeetrinker und Teetrinker

Der Mann sitzt im grössten Kaffeehaus der Stadt. Es ist eine Lagerhalle. Sie ist ausgehölt und kaum neu gestrichen, doch voll mit Leuten. Er möchte in Ruhe seinen Kaffee trinken. Das möchten alle anderen auch. Nur die Kinder nicht. Die rasen um die Stühle, kreischen, platschen hin und schreien.
Den Müttern ist es egal. Dem Mann nicht. Er nervt sich über diese Freiheit der Kinder, die tun und lassen, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Einer der Zwerge schiebt einen Stuhl übers Parkett. Er ist winzig und kann kaum gehen, aber er hält sich ja an der Stuhllehne, die er vorwärts schiebt. Das Kind hört das Gerumpel nicht, der Mann schon. Er versucht trotzdem Ruhe zu finden. Führt das Tässchen an den Mund, macht die Augen zu.
Jetzt ist der Lärm nur intensiver. Es ist ein Gebrabbel, Geplärr, Geschrei, Gemurmel. Nur ein einziges Kind ist leise. Es nuckelt still vergnügt an seiner Teeflasche, fast so gross wie sein eigener Kopf. Jetzt schaut das Kind den Mann an. Sein Blick haftet an ihm wie eine Klette an einem Kleid. Während es breitbeinig da steht und schaut, saugt es an der Flasche, trinkt und trinkt.
"Salü", grüsst der Mann das Kind. Das schaut nur weiter, kann nur schlucken.
"Zum Wohl", sagt der Mann und hebt sein Tässchen.
Das Kind dreht sich um, als hätte es den Mann nie gegeben, sucht mit den Augen irgendwo anders Halt, wackelt davon, als wäre es besoffen.
Na, dann halt nicht, denkt der Mann.
Er setzt sein Tässchen wieder ab.
Der Kaffee schmeckt nicht mehr.

Vielleicht sollte er auch Tee trinken.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke für deinen Post!